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“ Ich mag diese Zeug nicht in meinem Gesicht”,
sagt sie und schiebt die Schminke weg.
“ Ich mag nicht” ( je n’aime pas...) das gehört
zu Françoise Hardy. Das ist ein Satz, den sie
oft sagt.

Das klingt aus ihrer leisen, unausgebildeten
Stimme, wenn sie vor dem Mikrophon ihre
traurigen kleinen Lieder singt: “ Die Liebe
geht...”, “Ich hab’ das Glück...”.

Sie sagt so oft: “Ich mag nicht über meinen
Vater sprechen...”, “Mit fünfundzwanzig
werde ich vergessen sein. Ich mag das grosse
Star-Leben nicht...”.

Und ihr Blick geht dabei ins leere. Sie sieht
selten jemanden an, wenn sie spricht. Die
Arme hängen lose an ihrem schmalen,
knabenhaften Körper herunter. So als
wäre sie gar nicht da.
Fernsehregisseur Truck Branss holte sie für
seine Show-Serie “ Porträt einer Stimme” vor
die Kamera.

In weissen, unwirklichen Kleidern und Anzügen
stellt er sie in genauso unwirklichen Kulissen.
Sie liegt in einem Rokoko-Sessel. Sie steht allein
im Wüstensand wie die Erscheinung von einer
anderen Erde. Sie singt in einer leeren
Maschinenhalle.

Das Mädchen Françoise lebt ausserhalb dieser
Welt. Unbeteilgt, unberürht. Und im Wirbel des
Aufnahmestudios, zwischen Beleuchtern und
Kameraleuten steht das Mädchen Françoise
wie ein fremdes, kühles Standbild. Sie lächelt
nicht.
Sie schaut in den Spiegel und sagt leise und ohne
Betonung: “ Ich mag nicht ...”.

( Neue Illustrierte 15/11/64 ).